Donnerstag, Juni 25, 2009

So kalt

wie unten angekündigt (siehe 17.06.) war es dann in Nauders doch nicht. Die Nasennebenhöhlen waren auch nicht mehr ganz so entzündet und schwer, also ging es frohen Mutes Samstag Vormittag Richtung Dreiländereck - wenn auch die vorhergesagten 14° C mit ordentlich Regenwahrscheinlichkeit auf knapp 1500m in Nauders am Sonntag uns die Gänsehaut auf die Beine trieb... "Wird schon nicht so schlimm werden".

Als wir ankamen, um unsere Startnummern zu holen, erwartete uns fröhlicher Sonnenschein bei knapp 16°C und ein Mords-Nord-Ost-Wind (4 Beaufort). Schnell in den nächsten Ort zur Unterkunft, nach Reschen, das schon in Italien liegt. In der Ferienwohnung am Reschensee ist es leider genauso kalt wie draußen (wenn man die Temperaturen Mitte der Woche von etwa 26°C als Vergleich nimmt). Also haben wir nicht lange rumgetan, sondern sportlich motiviert die Räder zusammengeschraubt und eine Runde um den See gedreht, auf der Westseite, die wir tags darauf nochmals fahren sollten hin, und an der Ostseite, gegen den fiesen Wind zurück. Gegen den wirklich fiesen Wind... Nach einigen Verbesserungen an den Pedalen gab es noch ein ausgiebig Kohlenhydrathaltiges Abendessen mit einem beruhigenden Weihenstephaner Hefeweißbier als Nachtisch, wonach wir brav um neun Uhr schnarchend im Bett lagen; der Wecker war schließlich auf fünf Uhr morgens gestellt - wir wollten ja pünktlich um 6.30h nach dem Frühstück mit den anderen in Nauders an den Start gehen...

Das Frühstück mussten wir uns trotz liebevoller Vorbereitung etwas herunterwürgen, bevor wir bei noch fast klarem Himmel den Reschenpass gemütlich abwärts nach Nauders rollen konnten. Dort standen auch schon die anderen 2998 FahrerInnen vor der Startlinie, mit mehr oder weniger vollen Radlwindeln.

Pünktlich um 6.30h ging es den Reschenpass, der uns eben noch so gemütlich vorkam, mit anscheinend endlos vielen anderen Mitradlern wieder auffi. Dann noch ein wenig höher an der Ostseite des Reschensees entlang, um dann mit heftigem Seitenwind (derselbe fiese aus dem Nordosten wie tags vorher) zur Streckenteilung den Reschenpass wieder hinunter zu fahren. Schön finde ich diese merkwürdige Stille, die zum Start solcher Riesen-Sport-Veranstaltungen immer herrscht... der eine schweigt vielleicht aus Respekt vor dem, was noch kommt, der andere ist vielleicht einfach nur mit Schnaufen beschäftigt... und wenn dann auch noch die Morgensonne über die Berge schaut, meint man, es wäre für einige Momente alles in Ordnung.

Und dann waren wir auch schon am Fuß des Anstieges zum Ofenpass. Bis dahin war auch alles in Ordnung. Nochmal die Morgentoilette nachgeholt und los gehts...
Bis zur ersten Verpflegungsstelle ging es noch recht gemütlich voran, dann wurde es merklich kühler und dunkler und eine Reihe von Kehren erhob sich aus der Bergwand, auf die wir zufuhren. Da hielt ich dann einen etwas größeren Abstand zum Robert - nicht etwa aus Lustlosigkeit, nein, aus uneingefahrenen, zweineinhalb Wochen nicht benutzten dicken und schweren Beinen heraus. Ich kroch diesen Anstieg also mehr nach oben... Nicht weiter verwunderlich, aber psychisch eine rechte Herausforderung für mich - hatte ich doch dieses Jahr schon viele Male wesentlich bessere Beine gehabt. Nun ja.

Oben war ich heilfroh, meinen Magen mit Riegeln ausstopfen und wieder etwas wärmer anziehen zu können. Mittlerweile hatte es angefangen zu schneien. Also Handschuhe an und Zähne klappernd auf Richtung Abfahrt! Die Finger hinter der Startnummer verstecken zu können, war ganz praktisch... sie hatten aber auch nicht viel Zeit, um richtig kalt zu werden, da wir erstaunlich schnell schon am Gegenanstieg ankamen. Dann ging es nochmal kurz abwärts und schon war die nächste Verpflegungsstation mit warmen Tee, Brownies und Linzerschnitten erreicht. Wichtige Frage an meinen Mitfahrer: "Wie viel haben wir denn schon?" - "Knapp 80!" 8-l
Au Backe, dachte ich mir da. Ich fühl mich, als hätte ich schon 120 hinter mir...

Immerhin ging es von da an viel abwärts. Teil durch Nieselregen, hauptsächlich im Tal mit Mördergegenwind. Wenn man dann auch noch regelmäßig von viel viel schneller fahrenden Gruppen der längeren Strecke (164km, also dieselbe Strecke wie wir, 134km, plus Stilfser Joch...) überholt wird, tun nicht nur die Beine weh.

Dem Robert tat das Knie aber leider auch aufgrund eines unschönen Zwischenfalls weh: bei der Gruppetto-Bildung hat einer seiner Vordermänner unvorsichtig hin- und hergeschlenkert und Roberts Vorderrad erwischt. Gott sei Dank ist ihm trotz Sturz außer drei-vier Schürfwunden und einer verstellten Schaltung nichts weiter passiert...

Die nächste Verpflegungsstelle war dann schon 6km vor Schluss. Puh, Erleichterung - nochmal Flasche auffüllen, denn jetzt geht es nochmal 400 Meter nach oben, auf die Norbertshöhe... ich kam mit dem Gefühl da an, diese Steigung nie und nimmer mehr hochfahren zu können. So schau ich auch aus in der ersten Kehre...
(kann man sich hier, wenn man als Startnummer 2974 oder 2973 eingibt, ansehen)
Ging aber dann doch noch :-) Hat sich auch nicht ganz so schlimm angefühlt. Ich war ja auch saulahm.... aber oben schauen wir schon relativ glücklich aus:






Gibt es leider nur in so klein, weil die Leut von der oben erwähnten Fotoseite ganz schöne Wucherpreise haben....

Das Glück währte aber auch nur bis zur Zeitnahme im Ziel: 6:40h (Brutto-Zeit inkl. Pausen) haben wir für die 134km und 2220hm gebraucht... dann mussten wir nämlich heimwärts den Reschenpass nochmals raufkurbeln, den wir morgens so gemütlich heruntergerollt waren. So kamen wir mit 144km und 2420hm in den schweren Beinen in der Ferienwohnung an und machten uns an die Übrigbleibsel unseres Frühstücks....

Alles in allem super organisiert und schöne Streckenführung. Lecker Verpflegung gabs auch (kurz vor der Heimfahrt noch Apfelstrudel/Kuchen mit Kaffee - lecker! - im Festzelt), nächstes Jahr gehe ich das einfach ohne vorherige Krankheitspause an. Dann wird das schon...

[Nachtrag]
Schusselig wie ich bin, hatte ich zwar eine Kamera dabei, nur leider kaum freien Platz auf der Speicherkarte. Ein paar Impressionen sind es dann doch geworden:




ohne Worte











auch hier: ohne Worte








Den ganze Anstieg zum Ofenpass, vorher auch zum Reschen rauf, zieht sich eine lange Schlange an Radlern. Dicke, Dünne, Tandems quer Beet. Ein kleiner Junge, vielleicht 10 Jahre war auch auf der 130km Strecke unterwegs. Die Mutter auf einem Rennrad, Vater und Geschwister auf einem Tandem. Respekt.







Den Rucksack hatten wir auch dabei. Abwechselnd gefüllt mit langen Hosen, Überschuhen, Winterhandschuhen, Mützen, einem Ersatzmantel (den immerhin nicht für uns, trotz der Kälte, sondern für einen evtl. Platzer, irgendwie haben wir den Ultremos nicht getraut), einer vollen DigiCam, Müsliriegel etc.
Von hinten schaut das schon sehr nach Tourenfahrer aus. Passend zur Endzeit.

[Robert]

Musik dazu

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