Mittwoch, August 19, 2009

Entsetzen

Gestern wollten wir den Abend mit einem Besuch des Casanova in Augsburg einläuten, standen jedoch vor verschlossener Türe. Als Ersatz haben wir uns zum Erstbesuch des Per Bacco (gleicher Besitzer in der Maximilanstraße) entschlossen. Hier wurde die unterschwellige Vorahnung zur grausamen Gewissheit. Das Casanova hat nicht per ferie geschlossen, sondern für immer. Meinen Zeilen merkt man vielleicht die tiefe Entäuschung an, die noch immer in mir sitzt. Das Per Bacco ist beinahe das genaue Gegenteil des Casanova. Schummrige Gemütlichkeit muß kühler Clubatmosphäre weichen, ein zu bacchantischen Festen verleitender, im besten Sinne jovialer Kellner (eher wäre er als ein zuvorkommender Begleiter durch den Abend zu bezeichnen) weicht einem leise nuschelnden, vegeblich um wienerische Oberkellneraristokatie ringendem Barkeeper, der dann auch noch statt Spaghetti mit Gambas einen Salat mit Gambas serviert. Interessanterweise stand der Selbige bereits im Casanova hinter der Theke und wirkte da wesentlich freundschaftlicher.

Nun ja, das Essen war nicht schlecht, aber das Gefühl, sich bei einem Freund am Tisch zu befinden, dem man danken die Hand zum Abschied reicht, wir sich im Per Bacco sicherlich nicht einstellen.

Es mag vielleicht auch den ein oder anderen Vorzug geben (Dachterasse, "offene Küche"), aber einfach zu steril und zu clubig.

Im Moment bin ich versucht einen Kranz zu besorgen und mit einer R.I.P.-Schleife verziert vor dem Casanova im Paulaner Bräustüberl niederzulegen. Vieleicht finden wir ja auch Andreas neue Wirkungsstätte?

Was zum Teufel

ist ein Raumkulinariker??? Kann mir da jemand weiterhelfen?

Dienstag, August 18, 2009

Über die Alpen

Da ich die Hose viel zu voll hatte, um schon vorher mit meinen Plänen zu einer Alpenüberquerung rauszurücken, gibt es den stolzen Bericht einfach jetzt im Nachhinein:

Ehrlich gesagt hab ich nicht mehr die geringste Ahnung, wie ich auf diese Idee gekommen bin - ich hatte mir einfach die zweite Augustwoche freigenommen, um zuerst ein wenig Freundschaftsbesuch im Odenwald abzuhalten und im Anschluss wusste ich noch nicht so recht... Da sich der Robert dann eine fantastische Kackebräune beim Campen in Venedig mit seinen beiden Rackern holen wollte, dachte ich: "Klasse, dann wäre die Rückfahrt ja ganz inklusive und ich könnte mich mal so richtig austoben". Auf dem Fahrrad natürlich.
Die Idee brauchte noch ein wenig zum Gären, nach der Zwischenprüfung und einem Trentino-Venetien-Kartenkauf in Bozen war dann der erste Teil der Route klar. Nun fehlte nur noch etwas Ausrüstung - endlich ein Tacho (den ich schon mit einigen Kilometern füllen konnte die letzte Woche) und ein feiner Rucksack, der mir -trotz viel Inhalt- einen guten Dienst erwies:


Und dann gings los:

Mittwoch, 12.08.09 / 1. Etappe von Füssen nach Tarrenz (A)
91 km, 1552 hm

Etwas bange war mir schon, als ich morgens in den Zug nach Füssen stieg. Recht kühl war es dort bei der Ankunft auch noch, der erste Teil der Strecke ging auch an der Bundesstraße entlang bis Pfronten. Ab da wurde es dann schön: Ich nahm den Abzweig nach rechts zum Gaichtpass und damit auch nach Österreich, von Anstieg kann man da aber noch nicht wirklich sprechen... Abwärts gab es auf den wenigen Serpentinen leider einen dicken Stau aufgrund einer Baustelle, somit ging es eher langsam abwärts ins Lechtal. Vorbei am Haldensee, dem ich dieses Jahr eigentlich beim Zwei-Seen-Lauf nochmals begegnen wollte (was mir durch eine dreiwöchige Krankheitspause verwehrt blieb...), Richtung Elmen. Kurz vor Elmen hupft das Hinterrad, ich halte den Finger hin und spüre die befürchtete Delle. Tja, Der Ultremo hält leider nicht, was er verspricht, da geht wohl Leichtigkeit zulasten der Qualität - enttäuschend. In dem Moment allerdings auch etwas problematisch; der mir entgegenkommende Radfahrer verwies mich auf je 20km weiter entfernte Radläden und macht mir nochmals gehörig Bammel vorm Hahntennjoch ("18%, das ist schon hart für die Beine, ach was, sind ja nur 17,5!). Tja, ich bin dann nach Elmen reingefahren, um vielleicht dort jemanden zu finden, der mir weiterhelfen kann. Glücklicherweise traf ich auf eine sehr nette Familie, dessen betagteres Familienoberhaupt eben kurz davor war, das alte klapprige Dorfradl zum Reifenwechsel nach Höfen (kurz vor Reutte) zu bringen. Also durfte meins auch einfach mit drauf und los gings - dort bekam ich dann den neuen Continental drauf und von meinem netten Chaffeur einen Haufen Rumkugeln und gute Laune mit. So ging es dann mit viel Dankbarkeit meinerseits und guten Wünschen meiner Pannenhilfe doch noch rauf zum Hahntennjoch.
Die erste gefürchtete Rampe konnte man schon von unten erkennen, da ging es zackig nach oben. Dann konnte man bereits etwas gemütlicher kurbeln - zum Schluss blieb mir aber nochmals kurz der Mund offen stehen. Ich musste zusehen, dass ich nicht einfach rückwärts wieder runterrolle, bei solchen Dingern:


Naja, immerhin war es so recht schnell vorbei und ich konnte den Wahnsinnsanblick oben genießen:


Obwohl ich wenige hundert Meter vorher meinen Rucksack, bzw. dessen Inhalt noch innerlich verflucht hatte, war ich jetzt dankbar für Weste, Armlinge, Schokoriegel und alles was warm macht. Auch ein Selbstporträt ging dann noch auf der Abfahrt raus:



Erleichtert und hungrig kam ich in meiner äußerst netten Unterkunft in Tarrenz an, wo ich allerdings nochmal einige Höhenmeter nach oben abspulen musste, da die Pension Waldesruh ein wenig am Hang gelegen ist. Im nahegelegenen Gurgltaler Hof gab es noch einen feinen Wildschweinbraten, dann war ich auch schon zügig im Bettchen.

Donnerstag, 13.08.09 / 2.Etappe von Tarrenz nach Bozen
164 km, laut Quäldich-Tourenplaner 2995 hm...

Morgens gab es dann ein wahnsinnig leckeres Frühstück mit perfektem Frühstücksei, selber gemachten Säften und reichlich Auswahl (wobei ich mich vor lauter Aufregung fast ein wenig zu der zweiten Semmel nach Müsli und Ei und halbem Liter Kaba zwingen musste) an Brot- und Semmelbelägen. So machte ich mich dann auf den Weg in diesen langen Tag. Erst ging es auf der weniger schönen Bundesstraße 171 in Richtung Ötztal und anschließen stetig aufwärts für die nächsten 50km bis Sölden. Dort gab eine kurze Mittags- und Verschnaufspause mit Verpflegungsnachschub um für die anschließende Auffahrt zum Timmelsjoch (Passo Rombo) Kraft zu schöpfen. Nach Sölden geht es gleich ein Stückchen bergauf, dann erst wieder ernsthaft nach Zwieselstein. Bei der Ortsdurchfahrt durch Obergurgl kann man sich dann ein wenig erholen und wie ich den restlichen Schoko-PowerBar-Riegel verdrücken und das Wasser mit Gel versetzen. Ab da geht es dann wirkliche Kehren nach oben zur Panoramastraße, die diesen Namen auch wirklich verdient hat - eine Wahnsinnsaussicht:



Und nach der Mautstelle geht es zwar etwa 100 bis dahin hart erarbeitete Höhenmeter wieder bergab, dafür mitten in eine noch viel beeindruckendere Felslandschaft (das in der Mitte ist die Straße!):



Und so der Blick zurück (auch hier ist mittig tatsächlich die Straße zu sehen, von der man kommt!)


Wohl eine der beeindruckendsten Passstraßen (oder die?), die ich bisher gefahren bin! Auf 2509 m gab es dann verdientermaßen Strudel di Mele mit Almdudler und trockene, sowie warme Bekleidung für die laaaange Abfahrt nach Meran (wobei ich noch vor St. Leonhard pausieren musste, um mich meiner warmen Bekleidung zu entledigen, da nach der italienischen Grenze schlagartig eine Hitzewand zu durchqueren war). Das letzte Stückchen auf dem Radweg nach Bozen war leider doch ziemlich zäh aufgrund eingeschlafener Füße und Hände, da mich die lange Zeit auf dem Rad (ich war inklusive einiger Pausen natürlich insgesamt von halb neun bis halb sieben unterwegs) doch schon geschlaucht hat. Bis ich mich dann bis zur Innenstadt, bzw. zur Jugendherberge in der Rittnerstraße durchgekämpft hatte, war ich dann wirklich hungrig. Bis dahin hatte ich mich aber auch entschlossen, eine ursprünglich geplante vierte Etappe wegzustreichen und stattdessen ein Zugticket für den nächsten Tag zu kaufen, um ab dem Gardasee gemütlich nach Venedig zu meinem lieben Robert tuckern zu können, also musste ich vor dem Essen noch an den glücklicherweise gegenüberliegenden Bahnhof. Im Anschluss gab es dann Pollo allo spiedo mit Pommes und Salat und einem kühlen Bierchen aus der Dose. Glücklich und gesättigt habe ich mir dann auf der Piazza Walther noch ein Schoko-Zitronen-Eis gegönnt und anschließend recht schwerlich, aber doch irgendwann in den Schlaf gefunden.

Freitag, 14.08.09 / 3. Etappe von Bozen nach Rovereto, mit Einschub bis fast an den Gardasee
121 km, nach Isera und Richtung Passo San Giovanni ein wenig Hm, aber insgesamt wohl kaum mehr als 300 hm.

Die letzte Etappe war eine Rolletappe mit Möglichkeit zum Windschattenfahren (danke an die vielen schnellen italienischen Rentner auf dem Radweg zwischen Bozen und Trento), Berge gabs nur zum kukken:


In Rovereto wollte ich den Zug um 14:46h erwischen, so dass ich es nicht ganz bis an den Gardasee geschafft habe (davon zeugt dieses Foto). Dafür saß ich pünktlich mit einer Käse-Speck-Semmel und zwei Flaschen Eistee im Zug Richtung Verona, wo ich dann in den Zug nach Venezia-Mestre umgestiegen bin. Leider gab es dort das absolute Chaos auf Gleis 2, auf dem eigentlich um sieben mein Zug nach San Doná di Piave einrollen sollte (während seltsamerweise nahezu alle anderen Gleise frei waren), so dass ich noch nicht mal in den verspäteten vorherigen Zug reinpasste... Mein Retter in der Not kam aber schon mit tiefem Schnurren angetuckert, um meinen strapazierten Beine nicht weiter belasten zu müssen. Ein wunderschöner, mit zahlreichen Sternschnuppen besetzter Abend am Meer folgte und ein ebenso traumhafter Frühmorgens-Besuch nach Venedig tags darauf. Danke für den schönen Kurzurlaub an dieser Stelle! Daraus folgt:

Samstag, 15.08.09 - Ruhetag!

Sonntag, 16.08.09 / Epilog am Gardaseeufer
27 km, keine Steigungen

Den Gardasee habe ich Sonntag Morgen dann doch noch zu Gesicht bekommen, da wir uns Samstag Abend entschlossen hatten, dem zu grünen lagunenartigen Meer bei Venedig den Rücken zu kehren und Richtung reizvollerer Landschaft im Norden zu brummen, um schon einen Teil der Rückfahrt abgehakt zu haben. In Torbole bekamen wir auch einen feinen Parkplatz direkt am See, sodass uns morgens dieses wunderschöne Bild die kleinen Augen öffnete:


Nach einem kleinen Frühstück im Café auf der anderen Straßenseite begab ich mich auf eine kurze "Laktat-Ausspül-Fahrt" nach Malcésine und zurück nach Arco, wo Robert schon mit mehreren Cappuccini intus im Café trentino in den Zeitschriften schmökernd auf mich wartete. Von Malcésine aus gab es also noch ein hübsches Foto:



Und wer Lust hat, kann sich alle Fotos dieser kleinen Alpenüberquerung hier nochmals in Ruhe zu Gemüte führen (ohne Venedigausflug).